Zusammenfassung des Urteils IV 2017/400: Versicherungsgericht
Die Beschwerdeführerin, eine Frau, hatte aufgrund ihrer Multiplen Sklerose eine Invalidenrente beantragt und diese zugesprochen bekommen. Nach einer Revision wurde die Rente eingestellt, da die IV-Stelle eine Verbesserung des Gesundheitszustands feststellte. Die Beschwerdeführerin legte dagegen Einspruch ein, da sie angab, dass sich ihr Gesundheitszustand nicht wesentlich verändert habe. Es wurde festgestellt, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin nicht wesentlich verändert hatte und sie weiterhin zu 50 % arbeitsfähig war. Die Einkommensverhältnisse waren der Grund für die Renteneinstellung, aber die Berechnung des Invalideneinkommens wurde angezweifelt. Schliesslich wurde die Beschwerde gutgeheissen, die Renteneinstellung aufgehoben und der Beschwerdeführerin weiterhin eine ganze Invalidenrente zugesprochen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2017/400 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 13.12.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 31 Abs. 1 IVG; Art. 86ter IVV: Eine Einkommensverbesserung von jährlich mehr als Fr. 1'500.-- liegt nicht vor. Revisionsgrund bei unbestrittenermassen unverändertem Gesundheitszustand verneint. Gutheissung der Beschwerde (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 13. Dezember 2019, IV 2017/400). |
Schlagwörter : | Arbeit; IV-act; Invalideneinkommen; Verfügung; Rente; Stunden; Invalidität; Gesundheit; Gesundheitszustand; Pensum; IV-Stelle; Einkommen; Renten; Arbeitsfähigkeit; Invaliditätsgrad; Invalidenrente; Veränderung; Invalideneinkommens; Café; Recht; Ferien; Parteien; Gallen; Stundenlohn; Leistung; %igen; Valideneinkommen |
Rechtsnorm: | Art. 16 ATSG ;Art. 17 ATSG ;Art. 7 ATSG ; |
Referenz BGE: | 130 V 349; 133 V 114; |
Kommentar: | - |
Besetzung
Präsident Joachim Huber, Versicherungsrichterinnen Christiane Gallati Schneider und Miriam Lendfers; Gerichtsschreiberin Sabrina Bleile
Geschäftsnr. IV 2017/400
Parteien
A. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Andreas Fäh, Oberer Graben 26, 9000 St. Gallen,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand
Rentenrevision (Einstellung) Sachverhalt
A.
A. (nachfolgend: Versicherte) meldete sich aufgrund einer bei ihr im diagnostizierten multiplen Sklerose (MS) bzw. deren Auswirkungen am 19. März 2010 bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen (nachfolgend: IV-Stelle) für berufliche Massnahmen und Rentenleistungen an (IV-act. 1). Im Zeitpunkt der IV-Anmeldung war die Versicherte noch als selbständige Wirtin tätig gewesen, jedoch gab sie ihren Betrieb aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen im 2010 auf und trat per 2010 eine Anstellung als Servicemitarbeiterin mit leidensangepassten Arbeitsplatzbedingungen in einem Pensum von 50 % an (vgl. IV-act. 28 und 30). Nach dem Einholen ärztlicher Berichte (vgl. IV-act. 25 S. 1 ff.; vgl. ferner IV-act. 37) sowie einer Abklärung der Verhältnisse vor Ort (vgl. IV-act. 28) sprach die IV-Stelle des Kantons St. Gallen der Versicherten mit Verfügung vom 6. Oktober 2011 aufgrund eines Invaliditätsgrades von 43 % sowie einer bereits bestehenden Witwenrente ab dem 1. September 2010 eine ganze Rente der Invalidenversicherung (IV) zu (IV-act. 43 ff.). Zur Begründung führte die IV-Stelle im Wesentlichen aus, ihre Abklärungen hätten ergeben, dass die Versicherte seit 2008 in ihrer Tätigkeit als Wirtin eingeschränkt sei. Ihr sei es mit den gesundheitlichen Einschränkungen noch möglich, ein jährliches Einkommen von Fr. 21'600.-zu erzielen. Ohne Behinderung könnte sie ein Jahreseinkommen von Fr. 38'025.-erwirtschaften (vgl. IV-act. 43; zum Vorbescheid vgl. IV-act. 41 f.).
Mit Schreiben vom 7. Februar 2017 teilte die Versicherte der IV-Stelle mit, dass sie in ihrem Alter noch die Arbeitsstelle habe wechseln müssen. Sie habe eine neue Stelle in einem Café in einem Pensum von 50 % gefunden. Zu Beginn habe sie im Rahmen der ( ) des Cafés ziemlich viel gearbeitet. Sie möchte wissen, ob dies mit den von ihr
bezogenen IV-Leistungen vereinbar sei. In Zukunft sollte sich das Pensum bei ca. 80 bis 120 130 Stunden (gemeint wohl: pro Monat) einpendeln. Da ihr Einkommen auf Stundenlohnbasis ausgerichtet werde, könne es stark schwanken. Gegebenenfalls müsste sie auf dem Pensum von 50 % beharren, jedoch sei ihre aktuelle gesundheitliche Verfassung stabil und sie habe ein gutes Gefühl. Da ihr Invaliditätsgrad lediglich 43 % betrage und der Rest ihrer Rente eine Witwenrente darstelle, hoffe sie, dass die von ihr verrichtete Arbeit erlaubt sei (IV-act. 47).
In einem Revisionsfragebogen der IV-Stelle gab die Versicherte am 13. März 2017 an, dass sie im 2016 eine Stelle in einem Café angetreten habe, bei welcher sie ca. 21 Stunden pro Woche arbeite, wobei es auch bis zu ca. 30-35 Stunden pro Woche werden könnten (IV-act. 51).
Am 2017 führten die behandelnden Ärzte der Klinik für Neurologie des Kantonsspitals St. Gallen (KSSG) aus, dass der Krankheitsverlauf seit dem Jahr 2011 im Bereich der einzelnen klinischen Funktionssysteme leicht progredient gewesen sei, wobei sich die Diagnose nicht geändert habe. Als Diagnose nannten sie eine MS mit schubförmigem Verlauf. Weiter hielten sie fest, dass die Versicherte die bisherige Tätigkeit unter Berücksichtigung der Leistungsminderung bei frühzeitiger körperlicher und kognitiver Erschöpfung in derzeit reduziertem Arbeitspensum fortführen könne. Sie sei aktuell in einem Pensum von 50 % in einem Café angestellt. Aufgrund der frühzeitigen Erschöpfung sollte die Versicherte die Möglichkeit haben, regelmässig kürzere Pausen einlegen zu können. Auch eine adaptierte Tätigkeit sei vorzugsweise in Teilzeit mit voller Leistung möglich, wobei hier ein erhöhter Pausenbedarf berücksichtigt werden müsse. Eine Verbesserung der neurologischen Symptomatik sei nicht zu erwarten, jedoch sei eine weitere Verschlechterung nicht ausgeschlossen (IVact. 59). In einem Bericht vom 3. Mai 2017 gab der Hausarzt Dr. med. B. , FMH Allgemeine Medizin, an, dass sich der Gesundheitszustand der Versicherten seit dem Jahr 2011 leicht verbessert habe, wobei sich die Diagnose nicht verändert habe. Weiter hielt er fest, dass der Versicherten die Tätigkeit im Café für ca. 4-5 Stunden pro Tag zumutbar sei. Es bestehe dabei aber eine um ca. 40 % verminderte Leistungsfähigkeit (IV-act. 57 S. 2 ff.). Gleichentags berichtete Dr. med. C. , Augenarzt FMH, dass der Gesundheitszustand seit dem Jahr 2011 stationär geblieben sei. Bezüglich des Verlaufs hielt er gleichwohl eine veränderte partielle Opticusatrophie rechts bei
systemischer MS fest. Aus ophthalmologischer Sicht beurteilte er die Arbeitsfähigkeit der Versicherten jedoch als nicht eingeschränkt (IV-act. 58). In einer Stellungnahme vom 11. Juli 2017 hielt der regionale ärztliche Dienst (RAD) fest, dass unter Zusammenschau der uneinheitlichen Angaben der behandelnden Ärzte und der erhobenen Befunde von einem in etwa konstanten Gesundheitszustand ausgegangen werden könne (IV-act. 60).
Mit Vorbescheid vom 13. Juli 2017 stellte die IV-Stelle der Versicherten die Einstellung der Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 32 % in Aussicht. Zur Begründung führte die IV-Stelle im Wesentlichen an, dass sich der Gesundheitszustand zwar nicht verändert habe (die Versicherte sei in einer adaptierten Tätigkeit weiterhin zu 70 % arbeitsfähig), jedoch erziele sie an der neuen Arbeitsstelle einen Jahresverdienst von mindestens Fr. 27'000.--. Demnach liege eine relevante Veränderung der Einkommensverhältnisse vor, weshalb die Invalidenrente aufgehoben werden müsse (IV-act. 62).
Am August 2017 berichteten die behandelnden Ärzte der Klinik für Neurologie des KSSG, dass die Versicherte laut eigenen Angaben im bzw. aus organisatorischen Gründen ein höheres Pensum als 50 % habe erfüllen müssen. Das erhöhte Pensum habe sie an den Rand der Erschöpfung gebracht. Längerfristig sei dieses erhöhte Pensum sicher nicht durchzuhalten. Ein Pensum von 50 % könne aus der Sicht der Versicherten und auch aus medizinischer Sichtweise auf Dauer durchgeführt werden. Eine Erhöhung des Pensums sei nicht sinnvoll und würde zu einem baldigen Erschöpfungszustand und einem kompletten Arbeitsausfall führen (IVact. 66).
Mit Verfügung vom 29. September 2017 hob die IV-Stelle die Invalidenrente auf
das Ende des der Verfügungszustellung folgenden Monats auf (IV-act. 67).
B.
Gegen diese Verfügung erhob die Versicherte (nachfolgend: Beschwerdeführerin), vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. A. Fäh, St. Gallen, am 2. November 2017 Beschwerde. Darin beantragte sie, dass die Verfügung vom 29. September 2017 aufzuheben und die Rente nicht einzustellen sei; alles unter Kostenund
Entschädigungsfolgen. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, dass sich ihr Gesundheitszustand nicht verändert habe, was auch die IV-Stelle (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) in der angefochtenen Verfügung zutreffend festgestellt habe. Eine langfristige Arbeitsfähigkeit von mehr als 50 % sei ihr unter Berücksichtigung ihres Krankheitsbildes nicht zumutbar. Sie habe sich nur vorübergehend für ein höheres Arbeitspensum zur Verfügung gestellt, da das Café, in dem sie eine Anstellung gefunden habe, erst kürzlich ( ) und noch unklar gewesen sei, wie viel Personal benötigt werde. Aufgrund der ( ) habe sie sich bereit erklärt, vorübergehend bei Engpässen einzuspringen, da sie auf diese Stelle angewiesen gewesen sei. Mittlerweile sei zusätzliches Personal eingestellt worden, weshalb sie im vereinbarten Pensum von 50 % arbeiten könne (act. G 1).
In ihrer Beschwerdeantwort vom 7. Februar 2018 beantragte die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Sie begründete ihren Antrag im Wesentlichen damit, dass in der angefochtenen Verfügung zwar eine theoretische 70%ige Arbeitsfähigkeit erwähnt worden sei, bei der Bemessung des Invalideneinkommens jedoch dem aktuellen medizinischen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin Rechnung getragen worden sei, indem von einer 50%igen Arbeitsfähigkeit ausgegangen worden sei. Die angenommene 50%ige Arbeitsfähigkeit decke sich auch mit den eingeholten ärztlichen Berichten. Das Invalideneinkommen sei in der angefochtenen Verfügung zu Recht auf Fr. 27'000.-festgesetzt worden (2160 Jahresstunden / 2 x Fr. 25.--). Zwar sei dabei nicht berücksichtigt worden, dass der 13. Monatslohn im Stundenlohn der Beschwerdeführerin bereits enthalten sei. Aber selbst bei einem entsprechend angepassten Invalideneinkommen von Fr. 25'920.-würde sich kein rentenbegründender Invaliditätsgrad ergeben (act. G 7).
In ihrer Replik vom 23. März 2018 hielt die Beschwerdeführerin an den in der Beschwerde gestellten Anträgen fest. Neu machte sie geltend, dass die konkrete Jahresarbeitszeit von der Beschwerdegegnerin nie abgeklärt worden sei. Weiter sei bei der Festsetzung ihres Invalideneinkommens zu berücksichtigen, dass im Stundenlohn eine Ferienund Feiertagsentschädigung enthalten sei. Ferienabwesenheiten, Abwesenheiten aufgrund von Feiertagen sowie krankheitsbedingte Abwesenheiten habe die Beschwerdegegnerin unberücksichtigt gelassen. Schliesslich machte die
Beschwerdeführerin geltend, dass ihr Valideneinkommen mit Fr. 38'025.-zu tief
angesetzt worden sei (act. G 11).
In ihrer Duplik vom 13. April 2018 hielt die Beschwerdegegnerin an dem in der Beschwerdeantwort gestellten Antrag fest. Zu den Rügen der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Invalideneinkommens merkte sie an, die vorliegenden Unterlagen würden aufzeigen, dass die Beschwerdeführerin bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung fast ständig in einem Pensum von über 90 Stunden gearbeitet habe. Gleichwohl sei bei der Invaliditätsbemessung nicht auf die geleisteten Stunden abgestellt worden. Vielmehr sei von einem realistischen Arbeitspensum von 50 % mit 90 Arbeitsstunden ausgegangen worden. Hinsichtlich des Valideneinkommens sei zu berücksichtigen, dass eine Abklärungsperson in einem Bericht vom 18. Juni 2010 angemerkt habe, dass der Verdienst der Beschwerdeführerin als selbständige Wirtin immer sehr klein bemessen gewesen sei. Die von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verlangten konkreten Anhaltspunkte, dass ohne gesundheitliche Einschränkung ein beruflicher Aufstieg und ein höheres Einkommen tatsächlich realisiert worden wäre, lägen nicht vor (act. G 13).
Erwägungen
1.
Vorliegend strittig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin die Invalidenrente der Beschwerdeführerin zu Recht revisionsweise eingestellt hat.
Nach Art. 28 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) besteht Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70 %, auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie mindestens zu 60 % invalid ist. Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 % besteht ein Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % ein Anspruch auf eine Viertelsrente. Invalidität ist die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Die Invalidität kann Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit Unfall sein (Art. 4 Abs. 1 IVG). Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf
dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird grundsätzlich das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen; Art. 16 ATSG).
Ändert sich der Invaliditätsgrad einer rentenbeziehenden Person erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Die Invalidenrente ist somit nicht nur bei einer wesentlichen Veränderung des Gesundheitszustandes, sondern auch dann revidierbar, wenn sich die erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich gebliebenen Gesundheitszustandes erheblich verändert haben (BGE 130 V 349 f.
E. 3.5 mit Hinweisen). Zeitlicher Referenzpunkt für die Prüfung einer anspruchserheblichen Änderung bildet die letzte rechtskräftige Verfügung, die auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines Einkommensvergleichs beruht; vorbehalten bleibt die Rechtsprechung zur Wiedererwägung und prozessualen Revision (BGE 133 V 114 E. 5.4 mit Hinweisen). Dagegen stellt die bloss unterschiedliche Beurteilung der Auswirkungen eines im Wesentlichen unverändert gebliebenen Gesundheitszustandes auf die Arbeitsfähigkeit für sich allein genommen keinen Revisionsgrund im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG dar (Urteil des Bundesgerichts vom 3. November 2008, 9C_562/2008, E. 2.1 mit Hinweis). Die Herabsetzung Aufhebung der Renten erfolgt grundsätzlich frühestens vom ersten Tag des zweiten der Zustellung der
Verfügung folgenden Monats an (Art. 88bis Abs. 2 lit. a der Verordnung über die
Invalidenversicherung [IVV; SR 831.201]).
2.
Zunächst ist zu prüfen, ob seit der ursprünglichen Rentenzusprache (Verfügung vom 6. Oktober 2011; vgl. IV-act. 43 ff.) eine potentiell anspruchsrelevante Veränderung des Gesundheitszustandes anderer tatsächlicher Verhältnisse eingetreten ist.
Beide Parteien sind sich darin einig, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit der letzten Rentenzusprache nicht wesentlich verändert habe
und die Beschwerdeführerin zu 50 % arbeitsfähig sei (vgl. act. G 1, 3.1, 7, 11 und 13). Aufgrund der Aktenlage ist den Parteien darin zuzustimmen, dass eine wesentliche Veränderung der gesundheitlichen Einschränkungen nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgewiesen ist. Auch die Annahme einer 50%igen Arbeitsfähigkeit ist aufgrund der Aktenlage nicht zu beanstanden. Die Erwähnung einer 70%igen Arbeitsfähigkeit in der angefochtenen Verfügung ist als Missinterpretation der massgebenden Verhältnisse in der ( ) des Cafés im ( ) durch die Beschwerdegegnerin einzustufen (vgl. IV-act. 67; vgl. dazu auch die Ausführungen der Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort [act. G 7 S. 5]). Wie sie nachvollziehbar ausgeführt hat, ist sie bei der Berechnung des in der Verfügung erwähnten Invalidenlohns nämlich nicht von einer 70%igen, sondern einer 50%igen Arbeitsfähigkeit ausgegangen (vgl. act. G 7 S. 5 i.V.m. IV-act. 68). Folglich kann mit den Parteien von einem unveränderten Gesundheitszustand mit einer 50%igen Arbeitsfähigkeit in leidensangepassten Tätigkeiten ausgegangen werden.
2.3.
Eine wesentliche Veränderung, welche die Renteneinstellung rechtfertige, sieht die Beschwerdegegnerin bei den Einkommensverhältnissen. Der Invalidenlohn der Beschwerdeführerin betrage seit dem Antreten der neuen Stelle im 2016
Fr. 27'000.-oder zumindest Fr. 25'920.-pro Jahr (vgl. act. G 7 S. 5 f.). Demgegenüber stellt sich die Beschwerdeführerin auf den Standpunkt, dass die Beschwerdegegnerin das Invalideneinkommen nicht korrekt bemessen habe. Sie habe bei der Festlegung des Invalideneinkommens unberücksichtigt gelassen, dass im Stundenlohn von Fr. 25.-- die Ferientage und Feiertage bereits entschädigt seien. Überdies müssten auch krankheitsbedingte Absenzen einkalkuliert werden (vgl. act. G 11).
Gemäss Art. 31 Abs. 1 IVG kann eine Einkommensverbesserung nur dann zu einer Revision der Rente im Sinne von Art. 17 Abs. 1 ATSG führen, wenn sie jährlich mehr als Fr. 1'500.-beträgt. Zudem sind die teuerungsbedingten Einkommensverbesserungen ausser Acht zu lassen (Art. 86ter IVV; N 5015 des Kreisschreibens über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (KSIH), Stand 1. Januar 2018).
Die Beschwerdegegnerin war in ihrer Verfügung vom 6. Oktober 2011, mit welcher sie der Beschwerdeführerin die Invalidenrente per 1. September 2010 zugesprochen hatte, von einem Invalideneinkommen von Fr. 21'600.-ausgegangen (vgl. IV-act. 43 ff.). Unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung vom Jahr 2010
bis ins Jahr 2016 (Zeitpunkt des Stellenantritts im Café, vgl. act. G 1.3) beträgt das der ursprünglichen Rentenverfügung zu Grunde liegende Invalideneinkommen gerundet Fr. 22'689.-- (Fr. 21'600.-- / 2579 x 2709; vgl. Tabelle T 39 des Bundesamtes für Statistik, Entwicklung der Nominallöhne, der Konsumentenpreise und der Reallöhne, 2010-2018).
In der angefochtenen Revisionsverfügung vom 29. September 2017 hat die Beschwerdegegnerin aufgrund der seitens der Beschwerdeführerin im 2016 angetretenen Stelle neu ein Invalideneinkommen von Fr. 27'000.-genannt (IV-act. 67). Diesen Invalidenlohn hat die Beschwerdegegnerin gestützt auf die Annahme einer Jahresarbeitszeit von 1'080 Stunden bei einem Arbeitspensum von 50 % ermittelt
(vgl. IV-act. 68). Werden diese Arbeitsstunden mit dem im Arbeitsvertrag der Beschwerdeführerin genannten Stundenlohn von Fr. 25.-multipliziert (vgl. act. G 1.3), ergibt sich, wie von der Beschwerdegegnerin errechnet, ein Invalideneinkommen von Fr. 27'000.-pro Jahr. Allerdings hat die Beschwerdeführerin zu Recht darauf hingewiesen, dass in ihrem Stundenlohn eine Ferienentschädigung enthalten ist
(vgl. act. G 1.3 i.V.m. 11 S. S. 2). Demnach muss bei der Festlegung des Invalideneinkommens die Einkommenseinbusse während der Ferien Berücksichtigung finden. Gemäss ihrem Arbeitsvertrag hat die Beschwerdeführerin einen Anspruch auf sechs Wochen Ferien pro Jahr (act. G 1.3). Ausgehend von den seitens der Beschwerdegegnerin angenommenen 1'080 Arbeitsstunden pro Jahr ergibt sich eine wöchentliche Arbeitszeit von gerundet 21 Stunden (1'080 Stunden / 52 Wochen; vgl. dazu auch IV-act. 51) und somit rund 126 (6 Ferienwochen x 21 Arbeitsstunden) unbezahlte bzw. im Stundenlohn der effektiven Arbeitsstunden enthaltene Ferienstunden. Dies wiederum führt zu einer Lohneinbusse von jährlich Fr. 3'150.-- (126 Stunden x Fr. 25.--). Unter Berücksichtigung der ferienbedingten Lohneinbusse resultiert schliesslich ein jährliches Invalideneinkommen von Fr. 23'850.-- (Fr. 27'000.-minus Fr. 3'150.--). Stellt man diesem Invalidenlohn das der ursprünglichen Rentenzusprache zu Grunde liegende, auf das Jahr 2016 hochindexierte Invalideneinkommen von Fr. 22'689.-gegenüber (vgl. E. 2.3.3), resultiert lediglich eine Differenz von Fr. 1'161.--. Demnach liegt offensichtlich keine jährliche Einkommensverbesserung von über Fr. 1'500.-vor. Inwiefern allfällige krankheitsbedingte Abwesenheiten Abwesenheiten aufgrund von Feiertagen zu einer weiteren Reduktion des Invalideneinkommens führen (vgl. act. G 11), kann somit offenbleiben. Die Veränderungen im Einkommen stellen nach dem Gesagten jedenfalls keinen Revisionsgrund dar.
2.4. Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin zu Recht sinngemäss darauf hingewiesen (vgl. act. G 11 S. 4), dass eine wesentliche Veränderung im Bereich des Invalideneinkommens bei gleich gebliebenem Gesundheitszustand auch ein gewichtiges Indiz für eine Änderung des hypothetischen Valideneinkommens sein kann (vgl. Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [EVG] vom 19. August 2004, U 339/03, E. 3). Wäre also eine wesentliche Veränderung des Invalideneinkommens bejaht worden, hätte dies auch eine genauere Betrachtung des Valideneinkommens
erforderlich gemacht. Angesichts einer fehlenden wesentlichen Veränderung im Bereich des Invalideneinkommens muss jedoch auf das Valideneinkommen im vorliegenden Fall nicht näher eingegangen werden.
3.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde unter Aufhebung der angefochtenen Verfügung gutzuheissen und der Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 43 Abs. 1 IVG weiterhin eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Zur Festsetzung und Ausrichtung der Leistung ist die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1‘000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-erscheint in der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit als angemessen. Ausgangsgemäss hat die Beschwerdegegnerin die gesamte Gerichtsgebühr von Fr. 600.-zu bezahlen. Der Beschwerdeführerin ist der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-zurückzuerstatten.
Gemäss Art. 61 lit. g ATSG hat die obsiegende beschwerdeführende Person Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (vgl. Art. 61 lit. g ATSG). Im hier zu beurteilenden Fall, in welchem ein beschränktes Streitthema zu bearbeiten und die medizinischen Akten nicht eingehend zu würdigen waren, erscheint mit Blick auf vergleichbare Fälle eine leicht gekürzte pauschale Parteientschädigung von Fr. 2'800.-als angemessen. Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin deshalb mit Fr. 2'800.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
In Gutheissung der Beschwerde wird die angefochtene Verfügung im Sinne der Erwägungen aufgehoben und der Beschwerdeführerin weiterhin eine ganze Invalidenrente zugesprochen. Zur Festsetzung und Ausrichtung der Leistung wird die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.
2.
Die Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten von Fr. 600.-zu bezahlen; der Beschwerdeführerin wird der von ihr geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-zurückerstattet.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 2'800.-zu bezahlen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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